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Mehr Verständnis für Biobanken – und für Radfahrer

Fotocredit: MOMA/Markus Mansi

Erik Steinfelder ist seit 2017 Generaldirektor von BBMRI-ERIC im ZWT. Im Interview spricht der gebürtige Niederländer über die Vernetzung zwischen Forschung und Wirtschaft, divergierende Interessen und die Radfahrer in Graz.

Nachhaltiges und wertbasiertes Biobanking für alle Stakeholder zu fördern und auszubauen – so definieren Sie Ihre Vision. Was ist dazu erforderlich?

Erik Steinfelder: Wir müssen uns darauf zurückbesinnen, worum es uns wirklich geht. In Zusammenarbeit mit all unseren europäischen Biobanken schaffen wir den Umschwung, weg von der reinen Proben- und Datensammlung und -archivierung, hin zur nachhaltigen Verwendung dieser wertvollen Ressourcen. Was den Mehrwert anbelangt, bin ich der festen Überzeugung, dass wir als europäische Forschungsinfrastruktur etwas bewirken können. Serviceorientiertes Handeln wird uns helfen, unser oberstes Ziel zu erreichen – neue Behandlungen zu ermöglichen. Der erste Schritt, um den tatsächlichen Wert der Proben- und Datensammlungen zu erschließen, besteht darin, den Zugang zu ihnen zu gewährleisten.

Wie fördert BBMRI-ERIC eine bessere Kooperation zwischen Industrie und Wissenschaft?

Steinfelder: Wir möchten neue Wege aufzeigen, wie man mit Unternehmen zusammenarbeiten und trotzdem ethische Prinzipien hochhalten kann. Gleichzeitig gilt es, Innovation voranzutreiben. Eine wissenschaftliche Arbeit zu schreiben reicht nicht aus, um neue Therapien zu entwickeln. Zudem ist die Forschung der brutalen Realität der Marktwirtschaft nicht immer gewachsen. Daher wollen wir die Lücke zwischen Forschung und Wirtschaft schließen, indem wir Versuchsstudien den nötigen Raum und das geeignete Handwerkszeug bieten und den Kontakt zur Wirtschaft herstellen. Durch Risikoteilung können wir den Erfolg von Forschung und Entwicklung steigern und effizienter werden.

Was sind Ihre derzeitigen Arbeitsschwerpunkte?

Steinfelder: Einer unserer Schwerpunkte im Arbeitsprogramm 2018 ist Kommunikationsarbeit. Der beste Service hilft nichts, wenn niemand darüber Bescheid weiß bzw. nur ein kleiner Expertenkreis versteht, was BBMRI-ERIC macht. Information muss verschiedenen Gruppen dienen, das heißt, wir müssen ein besseres Verständnis für unsere Interessensvertreter entwickeln und gleichzeitig sowohl die Bedürfnisse und Anforderungen der Pharmaindustrie ermitteln, als auch den Erwartungen der politischen Entscheidungsträger gerecht werden. Schlussendlich müssen wir auch herausfinden, was Patienten und Bürger dazu bringt, ihre Daten bereitzustellen und Proben zu spenden. Dieser neue Ansatz hilft uns, unsere nationalen Knoten besser zu unterstützen, die dann wiederum ihre Biobanken verstärkt unterstützen können.

Sie haben vor dem Umzug in Nijmengen in den Niederlanden gelebt. Worin sehen Sie im Leben und Arbeiten die größten Unterschiede zu Graz?

Steinfelder: Nijmengen ist ebenso wie Graz eine mittelgroße Universitätsstadt, die viel Natur zu bieten hat. Wie in den Niederlanden lege ich hier viele Strecken auf dem Fahrrad zurück. Leider werden Fahrradfahrer hier jedoch nicht wie gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer behandelt und so habe ich schon die eine oder andere brenzlige Situation erlebt, in der ich stark zusammenbremsen musste. Meinen Arbeitsweg ins ZWT versuche ich trotzdem zu genießen und ich freue mich darüber, dass hier so viele Parteien unter einem Dach zusammenkommen. Mit Besuchern, die mit Biobanken nicht vertraut sind, können wir mühelos ein paar Stockwerke tiefer gehen, um ihnen die beeindruckende Biobank von Graz zu zeigen. Auch die Verbindung zu BBMRI.at ist wirklich gut. Außerdem durfte ich noch nie den Luxus genießen, so eine schöne Hügel- und Berglandschaft direkt vor meinem Bürofenster zu haben. Ich genieße es wirklich, hier in Graz zu leben und zu arbeiten.